Sei auch mal die schlechteste Version deiner Selbst- Teil Eins

Zugegeben, das ist ein provokanter Satz für einen Personal Trainer. Wieso sage ich das und wieso ermutige ich sogar dazu? Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und sage, dass die Branche, in der ich arbeite, leider eine unehrliche Branche ist, da hier sehr stark mit den Gefühlen und Bedürfnissen der Menschen gespielt wird. Oft steckt in dem Bedürfnis nach einem fitteren Körper oder mehr Gesundheit der Wunsch nach Anerkennung von außen. Und die Branche versteht es gut, Menschen zu manipulieren und Produkte oder Slogans zu verkaufen. Sie suggeriert den Menschen, dass sie so, wie sie sind, nicht gut genug sind und sich in irgendeiner Form verbessern müssen. „Sei jeden Tag die beste Version deiner selbst“, damit wird geködert. Ich distanziere mich ganz bewusst von solchen Aussagen und Vorhergehensweisen. Warum? Weil ich es ganz furchtbar finde.

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Druck, Druck und noch mal Druck

Das fängt an bei dem Verkaufen von Geräten , Nahrungsergänzungsmitteln oder anderen Sportangeboten – die Auswahl ist immens. Natürlich bin auch ich der Meinung, dass es von großem Vorteil ist, in einem gesunden und auch leistungsfähigen Körper zu stecken. Daher unterstütze ich mit Leidenschaft Menschen dabei, einen gesünderen Lebensstil zu entwickeln. Aber ich glaube, das sollte immer moderat und mit viel Respekt passieren und niemals übers Knie gebrochen werden. „Sei jeden Tag die beste Version deiner selbst!“ Ich finde diesen Satz deshalb so schlimm, weil er einen ungeheuren Leistungsdruck auf uns ausübt. Wir haben sowieso Druck, meist über Beruf oder Familie oder andere Umstände und da sollten Fitness und Bewegung. nicht dazu führen, dass wir noch mehr Druck haben.

Wenn ich einen Termin vereinbare und mir Zeit nehme, etwas mit meinem Körper zu machen, sollte das eigentlich eher dazu führen, weniger Leistungsdruck zu haben. Und ich finde, dieser Satz, man sollte jeden Tag die beste Version seiner selbst sein, befeuert diesen Leistungsdruck gnadenlos. Denn wenn das so wäre und ich wäre jeden Tag die beste Version meiner selbst, dann müsste ich immer am Limit arbeiten. Und das kann niemand über längere Zeit aushalten.

Wie es auch anders geht …

Ich mache das Gegenteil bei meinen Klienten. Ich sage zu ihnen: „Sei auch mal die schlechteste Version deiner selbst. Wenn du also am Freitagabend gerne eine Flasche Wein trinken möchtest, weil das dein Ritual ist, um dich für die Woche zu belohnen, dann mach das doch gerne. Iss doch auch mal etwas Ungesundes, wenn du dich belohnen möchtest oder wenn du darauf Lust hast. Das ist völlig in Ordnung.“

Wenn ich mich an sechs Tagen gut ernähre, kann ich natürlich einen Tag machen, was ich möchte. Mit Alkohol verhält es sich ähnlich. Wenn ich es schaffe, an sechs Tagen keinen Alkohol zu trinken, ist es völlig in Ordnung, am siebten Tag Alkohol zu konsumieren. Aber wir müssen darauf achten, dass es im Rahmen bleibt und ich meine Intension hinterfrage.

Hinterfrage deine Motivation

Die Frage, die ich mir stellen muss, ist: „Was ist eigentlich die Motivation, warum ich jetzt etwas für mich tun möchte? Warum möchte ich eine Ernährungsverbesserung oder mehr Bewegung? Mache ich das, weil ich jeden Tag bei Instagram die Influencer sehe und genauso aussehen möchte wie die? Weil ich die Anerkennung von anderen Menschen brauche? Oder weil ich das für mich selbst möchte? Ich möchte mich wohler fühlen in mir.“ Beim Kennlerngespräch gehe ich auf genau diese Fragen ein und merke relativ schnell, wo die Motivation herkommt.

Intrinsisch vs. extrinsisch

Es ist immer förderlich, wenn die Motivation aus der Person heraus entsteht. Meiner Erfahrung nach hält diese Motivation bedeutend länger an, als wenn ich etwas für andere ändern möchte. Ja, das kann für manche ein sehr starker Trigger sein, aber für die meisten ist es das nicht. Diese Motivation hält meist nicht lange und man merkt eigentlich schon wieder nach wenigen Wochen einen Abfall und letztendlich wird das Projekt gesunde Ernährung oder Fitness wieder eingestellt.

Visuelle Ziele setzen

„Wo möchte ich eigentlich mit diesem Projekt hin?“ Wenn mir jemand sagt, er möchte abnehmen, dann ist das keine konkrete Zielstellung. Das habe ich schon in früheren Blogbeiträgen genauer beschrieben. „Abnehmen“ ist erst mal nur ein Wunsch. Bei Zielen ist es wichtig, dass man sie so konkret wie möglich formuliert. Im besten Fall visualisiert man sich selbst und stellt sich vor, wie man dann aussehen oder sich fühlen würde, wenn das Ziel erreicht ist. Denn dieses Bild kann ich immer wieder abrufen. Gerade in Zeiten der Demotivation, wenn es mir nicht so leicht fällt, habe ich etwas, womit ich mich identifizieren kann. Das ist ganz entscheidend, gerade bei Langzeitmotivation. Diese Motivationslöcher haben wir alle. Das ist auch völlig okay, wenn man mal nicht motiviert ist. Aber gerade in diesen Zeiten hilft es, wenn man „sein“ Bild vor dem inneren Auge hat.

Fazit

Es ist völlig okay, auch mal die schlechteste Version seiner selbst zu sein. Lass dich nicht treiben von Slogans, Instagram oder anderen äußeren Einflüssen. Mach dir bewusst, warum mache ich etwas? Versuche, dir das zu visualisieren, um es gegebenenfalls abrufen zu können, wenn's mal mit der eigenen Motivation nicht so gut läuft. Es hilft in solchen Zeiten natürlich auch, einen externen Trainer zu haben, der dich abholt, wenn es gerade schwerfällt. Viele meiner Kunden sagen oft zu mir: „Tim, was mir schon hilft ist, dass ich mit dir überhaupt diesen Termin habe, weil dieser Termin mir eine Struktur für meine Woche gibt. Ich weiß, du bist auf jeden Fall vor Ort. Diesen einen Tag werde ich definitiv etwas für mich machen, egal wie es mir geht.“

Wie steht es um deine Motivation und Zielsetzung? Solltest auch du mehr Struktur in deiner Planung haben, melde dich gerne bei mir. Gemeinsam finden wir die für passende Strategie.